Tim Jansen's Blog (deutsch)


2005/05/31
Europäische Verfassung
Wenn jemand das Monster, das sich europäische Verfassung nennt und vor kurzem den Bundestag passiert hat, durchlesen möchte, so kann man sie hier finden. Spätestens seitdem ich es gesehen habe bin ich den Franzosen recht dankbar... schon allein aufgrund des Umfanges, der Vertrags-Form und des teilweise für eine Verfassung unangemessenen Inhaltes sollte sie abgelehnt werden. Artikel wie II-89, "Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu einem unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst", haben schlicht und einfach in einer Verfassung nichts zu suchen - egal ob man mit der Aussage selbst übereinstimmt oder nicht. Noch schlimmer ist der Tourismus-Artikel (III-281), oder gar die Aufgabe zur "Entwicklung der europäischen Dimension des Sports durch Förderung der Fairness und der Offenheit von Sportwettkämpfen und der Zusammenarbeit zwischen den für den Sport verantwortlichen Organisationen sowie durch den Schutz der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Sportler, insbesondere junger Sportler." (III-282 g). Hätte Scott Adams es geschrieben, würde ich es vielleicht amüsant finden. Aber eine Verfassung ist etwas, was jeder Bürger kennen und verstehen können sollte, und die europäische Verfassung ist davon recht weit entfernt. Man vergleiche sie nur mit der Verfassung der USA, die auf ein paar Seiten passt, oder zumindest dem deutschen Grundgesetz.

Das war die formelle Seite. Inhaltlich finde ich die Verfassung sehr beschränkend, gerade weil sie krampfhaft damit beschäftigt ist, Menschen irgendwelche Rechte zuzuschreiben, wie jenes Recht auf "unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst", den "Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung" (Artikel II-90) oder die "Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus" (Artikel II-98/III-235). Bei demokratischen Rechten ist die Europäische Verfassung dagegen weiterhin sehr sparsam, vor allem weil es dem europäischen Parlament an Rechten fehlt und indirekte Organe wie der Europäische Rat zu viel Macht haben. Den konsequenten letzten Schritt, die Entmachtung der nationalen Parlamente, ist man nicht gegangen. So dass die Verfassung letztenendes nur einen riesigen Haufen von Bürokratie beschreibt, aber kaum praktische Auswirkungen gegenüber dem jetzigen Zustand hat, und man sie sich gleich sparen kann.

Kurz gesagt, danke Frankreich. Auch wenn sie es wahrscheinlich aus den falschen Gründen getan haben.



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